Es dauert nicht mehr lange, dann wird das Buch „Meine große Reise“ bei Amanzon- Kindle erhältlich sein. Hier noch mal eine Leseprobe:
…………Ein Klacks. Ein kleiner Reisesnack zwischen Frühstück und Abendbrot. Ich hätte das auch ganz entspannt angehen können, mit einem Liedchen auf den Lippen und Paul schlafend auf seiner Decke in der Box. Stattdessen wurde es ein Tageswerk. Ein bockiges, klebriges, nervenaufreibendes Tageswerk mit dem Titel: „Willkommen im Stau.“
Es war heiß. So heiß, dass selbst mein Knausi schien, als würde er ächzen. Die Temperaturanzeige kletterte Richtung 34 Grad, die Luft flimmerte.
Kurz vor Bozen nahm ich dann auch noch die falsche Abfahrt. Natürlich. Weil mein Navi mal wieder meinte, ich solle spontan eine neue Route ausprobieren. Die spontane Route führte mich genau dahin, wo ich nicht hinwollte: in einen zähflüssigen, schweißtriefenden, hupenden, dauerblinkenden, laut atmenden Superstau. Ich war kurz davor, mir selbst ein Schild zu malen: „ICH WILL HIER NICHT SEIN.“
Irgendwann gab ich auf. Ich konnte nicht mehr. Nicht einen Meter. Ich war müde, durchgegart, genervt, innerlich ganz kurz vor den ersten Tränen. Also beschloss ich, irgendwo anzuhalten. Irgendwo mit Wasser. Ein Pool vielleicht. Oder ein kalter Bach. Oder eine kalte Dusche. Oder einfach nur ein bisschen Schatten, um dort mit Paul zu kauern und gemeinsam zu jammern.
Ich bog in ein Südtiroler Seitental ab , das auf den ersten Blick wunderschön war: Obstbäume, Weitblick, Hofeinfahrt mit Blümchen. Aber die Realität dahinter war wieder mal: Stellplätze auf Lücke, kein Platz zum Sitzen, keine Luft zum Atmen, null Ruhe.“
Dann fuhr ich auf den Stellplatz. Und stand Tür an Tür an Tür. Es war kein Campingplatz. Es war ein Wohnmobil-Tetris. Man konnte beim Nachbarn die Brotsorte auf dem Frühstücksteller erkennen. Idylle? Fehlanzeige. Obstplantagen ? Ach, die konnte man sehen, war schon schön.
Dieser Platz war von mehren Bekannten YouTubern als atemberaubend idyllisch vorgestellt worden. Und als ruhig. Ich war stinksauer.
Weil ich nicht die Wahl hatte, zu gehen. Denn es gab keine Alternative. Hier herrscht absoluter Übertourismus und man kann froh sein, wenn man überhaupt was zum übernachten bekommt
60 Euro pro Nacht. Für Massencamping mit Zwei-Duschen-für-alle-System. Ich überspannte kurz die Rechnung im Kopf: bei so vielen Stellplätzen, mit im Schnitt zwei bis drei Personen pro Wohnmobil… Ich überließ die Hochrechnung meinem Ärger und schaltete innerlich ab. Ich hatte jedenfalls keine Lust, mit 200 Menschen eine Wartemarke für die Dusche zu ziehen. Nicht heute. Nicht bei 36 Grad. Nicht nach diesem Tag.
Paul sprang aus dem Wohnmobil, schaute sich kurz um und wollte sofort wieder rein. Keine Bewegung. Keine Lust. Kein Wind. Kein Schatten. Der Boden war heiß wie ein Pizzaofen. Paul wollte unter dem Wohnmobil liegen, wie immer und so stellte ihm den Wassernapf hin und schaltete – mit schlechtem Gewissen, aber ohne Zögern – die Klimaanlage ein. Bei 60 Euro gönnte ich mir jede Kilowattstunde mit einem sehr demonstrativen „Jetzt erst recht!“.
Der einzige Lichtblick: ein kleiner Pool. Nicht spektakulär, aber er hatte Wasser, war sauber und – man halte sich fest – man durfte mit Hund in den Liegebereich. Es gab sogar ein paar Bäume. Ich band Paul in den Schatten, machte es mir auf einer der Liegen bequem, sprang ins Wasser – und tauchte kurz unter in eine Welt, in der alles okay war. Zumindest für einen Moment.
Ich liebe Italien. Daran hat sich auch an diesem Punkt meiner Reise nichts geändert. Ich liebe die Landschaft, das Licht, das Essen, die kleinen Bars mit Plastiktischen und echten Kellnern. Ich liebe die Art, wie hier alles ein bisschen schief steht, aber doch zusammenhält. Wenn ich also gleich losschimpfe, dann nicht auf dieses Land. Sondern auf etwas ganz anderes.
Ich bin müde. Müde von den ständigen Täuschungen
Aber noch viel mehr: Ich bin müde vom Beschönigen. Vom Schönreden. Von dieser elenden, weichgezeichneten Welt auf YouTube und Instagram, die einem immer noch einen Zypressenhügel zeigt, wenn es eigentlich nur ein Parkplatz am Obsthof ist.
Ich hatte in den letzten Wochen viele solcher Momente. Immer wieder kam ich an Orten an, die in Videos gepriesen wurden wie das Paradies auf Erden. Und immer wieder stand ich dann mittendrin – in der Realität.
In einer Realität, die kein einziger dieser Influencer jemals zeigt. In Limone zum Beispiel. Ja, natürlich war das hübsch. Zitronen, enge Gassen, hübsch frisierte Menschen in weißer Leinenkleidung, alles da. Was aber nirgends zu sehen war: die Massen. Die Busladungen. Die Horden, die sich durch die Altstadt schoben, Selfies machten, das Eis auf die Pflastersteine tropfen ließen. Kein einziger Beitrag hat mich darauf vorbereitet. Kein Video, kein Reel, kein Blogartikel.
Auch nicht die Youtuber, die behaupten, sie bekämen gar kein Geld und würden ja nur berichten, weil sie persönlich es so super toll fanden.
Und jetzt wieder. Ich stand auf einem Wohnmobilstellplatz, den gleich mehrere bekannte YouTube-Kanäle euphorisch empfohlen hatten. Eine idyllische Obstplantage, traumhafte Aussicht auf den Ort, viel Ruhe – so hieß es. Und ja, die Natur war da. Die Aussicht auch. Aber der Rest? War reiner Massenbetrieb. Ich weiß nicht, wie viele Fahrzeuge dort tatsächlich standen, aber es war voll. So voll, dass ich die Tür kaum aufbekam, ohne den Nachbarn zu berühren.
Ich hatte keine Kraft mehr. Nicht wegen der Hitze – die kann ja keiner ändern. Sondern weil ich das Gefühl hatte, reingelegt worden zu sein. Nicht von Italien. Sondern von Menschen, die behaupten, ehrlich zu zeigen, wie es ist – und die in Wahrheit nichts anderes als unrealistische Werbung. Für Campingplätze, für Regionen, für sich selbst.
Es ist diese Täuschung, die mich so wütend macht. Diese Inszenierung. Da wird gefilmt, geschnitten, mit Musik unterlegt, ein hübsches Womo vor die Kamera gefahren, ein Glas Wein ins rechte Licht gerückt – und dann wird das Ganze verkauft als „authentische Reiseinspiration“. Was es ist: eine ganz schlechte Werbesendung. Kein einziger dieser Menschen hat je gesagt: „Hier wird’s eng. Hier ist’s voll. Hier riecht es nach Müll oder du kannst dein Fenster nicht öffnen, weil der Nachbar direkt davor steht.“ Keiner zeigt, wie es ist, wenn man am Ende eines langen Reisetags müde ankommt und einfach nur irgendwo stehen will – und dann auf einem Platz landet, der auf dem Bildschirm nach Dolce Vita aussah, aber in Wirklichkeit einfach nur touristisch bis zur Unkenntlichkeit ausgeschlachtet wurde.
Es war nicht dieser eine Platz, der mich so wütend machte. Er war nur der Auslöser. Der Tropfen, der das Fass endgültig zum Überlaufen brachte. Denn solche Orte hatte ich inzwischen viele gesehen. Und immer wieder fühlte ich mich getäuscht. Enttäuscht. Erschöpft.
Was ich will, ist kein Luxus. Ich brauche kein Spa, keine Lounge, kein Schickimicki. Ich will einfach wissen, worauf ich mich einlasse. Ich will echte Eindrücke. Ehrliche Einschätzungen. Und vor allem will ich nicht länger das Gefühl haben, dass man als einfache Reisende gegen eine ganze Influencer-Industrie ankämpfen muss, um die Wahrheit zu erfahren.
Denn während sie weiter ihre Drohnen steigen lassen, um die traumhafte Natur von oben zu filmen, sitze ich unten. Mit Paul. Zwischen Wohnmobilwänden. Ohne Luft. Und frage mich, ob ich vielleicht die Einzige bin, die noch sehen will, wie es wirklich ist.
Das dieser Eindruck sich in den Dolomiten sich noch sehr häufig bestätigen wird, ahne ich jetzt noch nicht…….
Wir würden uns sehr über dein Kommentar freuen