Einfach mal machen

Ich bin im März losgefahren. MitPaul, einem vollen Dieseltank und einem großen Wohnmobil.

Keine große Sache, dachte ich. Also wirklich: keine große Sache. Ganz normal, viele machen das.

Und trotzdem schreiben mir jetzt wildfremde Menschen auf Social Media, ich sei mutig, tapfer, inspirierend, stark. Ich müsse sooo stolz auf mich sein, das alles „ganz alleine“ gemacht zu haben –

So ohne Mann!

Und ganz ehrlich: Ich verstehe es nicht.

Wozu braucht man einen Mann für sowas?

Denn für mich war es auch nicht mutig. Es war einfach logisch. Ich hatte Lust auf Sonne, Landschaft, Ruhe, Meer, Berge, schöne Dörfer – und Diesel war gerade verfügbar. Also bin ich losgefahren. Nicht ins Ungewisse, nicht auf einen fremden Planeten, sondern nach Italien und Korsika . Mit Navi, mit Paul – und mit der grundsätzlichen Bereitschaft, nette Leute kennenzulernen.

Ich bin ja nicht „allein“ gereist, ich war nur ohne Begleitung eines Menschen unterwegs, den viele als notwendig empfinden, um nicht „allein“ zu sein: einen Mann.

Ich sage das nicht trotzig, ich sage das nicht feministisch. Ich sage das einfach, weil es so war – und weil ich ihn ehrlich gesagt nicht vermisst habe. Kein bisschen. Ich hatte Paul, der neben mir lag, wenn ich abends im Wohnmobil lag und den Tag Revue passieren ließ. Ich hatte meine Gedanken, meine Eindrücke, meine Freiheit. Und ich hatte Menschen.

Denn einsam war ich nie. Nie. Im Gegenteil – ich hatte mehr echte Gespräche als in mancher Beziehung, die ich in meinem Leben geführt habe. Ich habe gequatscht, gelacht, diskutiert – beim Abwaschen, beim Frühstück, auf Wanderwegen, an Stränden, beim Gassigehen. Ich hatte Abende mit Paaren, die mir ihr Herz ausschütteten, weil ich offenbar der sichere Hafen war, den man braucht, um mal ehrlich zu sprechen. Ich habe Geschichten gehört, geteilt, gelebt. Ich habe kleine Dörfer entdeckt, atemberaubende Landschaften und ich hatte jeden Tag Sommerwetter und mit mit spektakulären Aussichten gewandert.

Aber nicht, weil es Mut braucht. Sondern weil es einfach Freude bereitet hat und mich aus tiefstem Herzen glücklich gemacht hat.

Ich finde, man sollte aufhören, Reisen wie meine in diese heroische Ecke zu stellen. Ich habe keine Wüste durchquert oder einen Achttausender bestiegen. Ich habe einfach nur die Entscheidung getroffen, loszufahren. Nicht zurückzukehren vom Wocheneinkauf, sondern einfach weiterzufahren. Tag für Tag. Immer dahin, wo es mir gefiel. Und wo Paul einen guten Platz hatte.

War das mutig?

Ich finde nicht. Mut braucht man, wenn man Angst hat – und sich trotzdem bewegt. Ich hatte keine Angst. Ich hatte Lust. Neugier. Und einen vollen Tank.

Vielleicht ist das, was mir die Leute als „Mut“ zuschreiben, in Wahrheit etwas ganz anderes:

Die Fähigkeit, das eigene Leben selbst zu gestalten.

Ohne Drehbuch. Ohne Rückfrage. Ohne Erlaubnis von jemand. Sondern ganz einfach aus den Innersten heraus

Und ja, das kann man machen. Einfach so.

Bei mir ist es gut geworden.


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